In meinem vorherigen Artikel „Datenkompetenz (Data Literacy): ein Überblick“ habe ich untersucht, wie Datenkompetenz Einzelpersonen befähigt, Daten zu verstehen, zu interpretieren und zu kommunizieren, und so eine datengetriebene Kultur fördert. Im Zuge der Bemühungen von Unternehmen, Daten für Alle nutzbar zu machen, prägt 2025 vor allem ein Trend die Entwicklung: die Daten-Demokratisierung, angetrieben von Self-Service-Analytics-Plattformen und KI-Tools. Diese Bewegung baut auf den Prinzipien der Datenkompetenz auf und ermöglicht es auch nicht-technischen Nutzenden, Daten für intelligentere Entscheidungen einzusetzen.
Dabei gilt: Vorsicht ist wichtig, Angst davor aber nicht. Eigeninitiative beim Lernen ist entscheidend, um diese Möglichkeiten sinnvoll zu nutzen. Wer versteht, wie die Technologie funktioniert, welche Anwendungsfälle sich eignen und welche Sicherheitsaspekte zu beachten sind, legt damit den Grundstein für eine erfolgreiche Daten-Demokratisierung. Viele Self-Service- und KI-Funktionen sind heute bereits in Tools integriert, die oft schon Teil der Analyseplattformen von Unternehmen sind.
Was ist die Demokratisierung von Daten?
Die Demokratisierung von Daten ist der Prozess, bei dem Daten und Analysetools allen Mitarbeitenden zugänglich gemacht werden – unabhängig von ihrer technischen Expertise. Self-Service-Analytics-Plattformen wie Tableau, Power BI oder KI-gestützte Tools wie ThoughtSpot ermöglichen es diesen, Daten über intuitive Dashboards, Drag-and-Drop-Oberflächen und sogar natürliche Sprachabfragen zu erkunden. Das entspricht dem Kern der Datenkompetenz: sicherzustellen, dass Daten eine gemeinsame Ressource für fundierte Entscheidungen sind.
Warum ist das so wichtig?
In der heutigen schnelllebigen Welt, in der Entscheidungen oft in kürzester Zeit getroffen werden müssen, kann das Warten auf Entwickler:innen, die Berichte erstellen, den Fortschritt erheblich ausbremsen. Self-Service-Analytics beseitigen diese Engpässe und ermöglichen Echtzeit-Einblicke. Ein Beispiel: Eine Einzelhandelskette könnte eine Filialleiterin befähigen, ein Analysetool zu nutzen, um den Warenbestand zu überwachen und bestimmte Produkte lokal gezielt zu bewerben. Durch die Demokratisierung von Daten verbessern Organisationen:
- Geschwindigkeit: Teams treffen Entscheidungen schneller, ohne Umwege über Dritte
- Befähigung: Mitarbeitende gewinnen Sicherheit im Umgang mit Daten und stärken so ihre Datenkompetenz
- Zusammenarbeit: Das Aufbrechen von Silos fördert eine Kultur des geteilten Wissens
Wie ich bereits in meinem früheren Artikel erwähnt habe, wächst eine datengetriebene Kultur dann, wenn alle aktiv mit Daten arbeiten. Self-Service-Plattformen machen das greifbar, indem sie abstrakte Datenkompetenz in konkrete Ergebnisse übersetzen. Doch dieser Prozess wächst auch organisch, sobald Menschen in einer geeigneten Umgebung Zugang zu Daten haben. So kann es zum Beispiel sinnvoll sein, zunächst auf Conversational Analytics zu setzen, statt direkt mit Self-Service-Dashboards zu starten. Denn manche nicht-technischen Nutzer:innen empfinden die Oberflächen von Visualisierungstools als zu komplex oder neigen aus Begeisterung dazu, Visualisierungen zu überfrachten. Das kann wiederum zu Performance-Problemen führen, die weitere Entwicklungsverzögerungen sowie Frustration nach sich ziehen.
Hand in Hand mit Data Literacy
Man könnte sagen, dass Datenkompetenz und Daten-Demokratisierung zwei Seiten derselben Medaille sind. Während die Datenkompetenz die Fähigkeiten vermittelt, Daten zu verstehen, liefert die Demokratisierung die Werkzeuge, um diese Fähigkeiten anzuwenden. So kann beispielsweise ein Marketing-Team mit grundlegender Datenkompetenz intuitive Visualisierungstools nutzen, um ganz ohne Programmierkenntnisse die Leistung von Kampagnen zu analysieren oder Hypothesen zu testen. Durch die Kombination von Self-Service-Analytics und Datenkompetenz können Organisationen Daten in eine universelle Sprache verwandeln und so Innovation und Wachstum vorantreiben.
Dieser praxisnahe Ansatz birgt jedoch auch Risiken und ein verantwortungsvoller Umgang mit Daten ist entscheidend. Eine robuste Data Governance, also die Sicherstellung von Genauigkeit, Vollständigkeit, Konsistenz, Sicherheit und Compliance (z. B. DSGVO, CCPA¹), ist unerlässlich, um Missbrauch zu verhindern. In Kombination mit Self-Service-Tools entsteht so ein vertrauenswürdiges Umfeld, in dem Datenkompetenz gedeihen kann.
Für Organisationen, die bereits über eine Data-Governance-Strategie verfügen, ist es einfacher, KI-Self-Service-Tools einzuführen. Sie wissen häufig bereits, wie diese Tools trainiert werden und wer auf welche Daten zugreifen darf. Dabei darf auch die Dokumentation nicht vergessen werden: Es ist nicht allein die Aufgabe von Entwickler:innen, sondern auch von Nutzer:innen, Dokumentationen zu nutzen und zu ergänzen. Ein gut dokumentierter Prozess zur Sicherung der Datenqualität stellt sicher, dass User Daten mit Vertrauen einsetzen können und Fehlinterpretationen oder sogar Missbrauch vermeiden.
Erste Schritte

Um Daten-Demokratisierung umzusetzen, könnten folgende Schritte helfen:
- In Tools investieren: Benutzerfreundliche Plattformen wie Power BI oder Tableau einführen (Die meisten Tools sehen ähnlich aus und bieten vergleichbare Funktionen, daher ist es wichtig, Struktur und Ökosystem im Blick zu behalten)
- Teams schulen: Datenkompetenz durch praxisnahe Workshops aufbauen
- Governance sicherstellen: Richtlinien einführen, um Datenqualität und Datenschutz zu gewährleisten
Es gibt viele Wege, den Erfolg einer Daten-Demokratisierung zu messen. Heute steht vor allem die operative Effizienz im Fokus, also das Verständnis dafür, wie gut Organisationen im Verhältnis zu ihren Ressourcen arbeiten. Das ist besonders relevant in Branchen wie Fertigung, Logistik, Gesundheitswesen und Dienstleistungen, in denen Prozesse oft schon klar definiert sind. Entscheidend ist, zu wissen und entscheiden zu können, wie sich Durchlaufzeiten verkürzen lassen.
Die Zukunft datengetriebener Entscheidungen
Im Jahr 2025 setzen 65 % der Organisationen auf KI-gestützte Analysen2. Viele nutzen Self-Service-Plattformen, um Erkenntnisse zu skalieren. Diese Tools, oft durch KI erweitert, vereinfachen komplexe Aufgaben wie die Vorhersage von Kundenabwanderung oder die Erkennung von Anomalien und machen fortgeschrittene Analysen für alle Mitarbeitenden zugänglich. Bisher war die Demokratisierung von Daten oft begrenzt, da sie viel technische Unterstützung erforderte: Man konnte zwar ein Dashboard mit beeindruckenden Visualisierungen anfordern, aber wenn etwas noch hinzugefügt oder geändert werden musste, landete man häufig in der IT-Warteschlange. Genau hier können Self-Service-Funktionen und KI-Tools Nutzer:innen unterstützen und befähigen.
Heißt das, dass Datenanalyse-Rollen verschwinden, wenn Organisationen Self-Service-Tools flächendeckend einsetzen?
Das ist unwahrscheinlich. Self-Service-Tools werden die Rolle von Data Analysts nicht „übernehmen“, sondern verändern. Sie ergänzen deren Arbeit, da diese Tools auf Data Analysts angewiesen sind, um Daten vorzubereiten und zu strukturieren, komplexe Modelle zu entwickeln und den Datenzugriff zu steuern. Data Analysts verfügen über die Expertise, Daten in Kontext zu setzen, feine Muster zu erkennen und Erkenntnisse in strategische Empfehlungen zu übersetzen.
Self-Service-Plattformen basieren auf Standardabfragen und Visualisierungen, stoßen jedoch oft an ihre Grenzen, wenn es um maßgeschneiderte Analysen oder die Integration großer, komplexer Datenmengen geht. Data Analysts sind daher unverzichtbar, um unterschiedliche Datenquellen zu vereinen, individuelle Abfragen oder Modelle zu entwickeln und Sonderfälle abzudecken.
Die Zukunft von Data Analysts
Wahrscheinlicher ist, dass sich die Rolle von Data Analysts zu einer strategischen Beratungsfunktion entwickelt: Sie unterstützen dann Fachabteilungen dabei, Erkenntnisse optimal zu nutzen, passen Self-Service-Plattformen an spezifische Anforderungen an und schulen nicht-technische Nutzer:innen in Datenkompetenz. Wer mehr darüber erfahren möchte, wie die KI Arbeitsrollen verändert, kann direkt im Artikel meiner Kollegin weiterlesen: „Nimmt KI dir deinen ersten Job? Ein anderer Blickwinkel“.
Referenzen
¹GDPR: General Data Protection Regulation (EU), California Consumer Privacy Act.
²“10 Best Free Al Data Analytics Tools for Businesses in 2025″, by camelAl June-2025